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Birresborn

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Streit um den Dorfmittelpunkt - Stimmen/Leserbriefe zur Neugestaltung rund ums Kriegerdenkmal

In Birresborn gibt es Ärger. Die Gemeinde, die wegen ihres leerstehenden Gewerbegebiets mehr als eine Million Schulden hat, diskutiert über eine Umgestaltung des Kirchenvorplatzes. Diese soll etwa 160 000 Euro kosten.

Der Ortsbürgermeister und einige Geschäftsleute stehen hinter dem Projekt. Den Gegnern ist das zu teuer.
Birresborn. Wenn die Birresborner über die mögliche Umgestaltung des Kirchenvorplatzes sprechen, strengen sie sich, an sachlich zu bleiben. Dennoch spürt man, dass die Situation angespannt ist. In der vergangenen Sitzung, als der Gemeinderat über das Dorfentwicklungskonzept abgestimmt hat, gab es zwölf Befürworter und drei Enthaltungen.
Trotz des einstimmigen Beschlusses, gibt es in Birresborn zwei Lager. Die Gründe hierfür sind zum einen die auf etwa 160 000 Euro geschätzten Kosten, zum anderen die Angst, dass das Kriegerdenkmal auf dem Kirchenvorplatz entwürdigt werden könnte.
Die Summe, die zur Umgestaltung benötigt wird, könnte jedoch zwischen 50 und 80 Prozent aus einem Fördertopf der EU, bekannt unter dem Namen Leader, bezahlt werden. Das bedeutet, dass Brüssel zwischen 80 000 und 128 000 Euro beisteuert. Ortsbürgermeister Michael Zander spricht sich dafür aus, den Kirchenvorplatz zum neuen Dorfmittelpunkt zu machen. "Ich finde am derzeitigen Standpunkt kommt das Kriegerdenkmal nicht genügend zur Geltung, weil es zu wenig in den Vordergrund gestellt wird", sagt Zander. Zudem will er durch einen schöneren Dorfmittelpunkt mehr Touristen anziehen, indem er für Wanderer und Radler einen Ort zum Verweilen schafft.
Künftig soll sich das Kriegerdenkmal absetzen, indem es erhöht steht, während der Rest des Platzes abgesenkt wird. Die Mauer und die Hecke würden nach dem Entwurf des Architekturbüros Lenz und Partner entfernt. Außerdem bekäme der Platz Sitzgelegenheiten und Infotafeln, damit sich Einheimische und Touristen über die Angebote von Vereinen und Geschäften informieren könnten. In zwei Monaten sollen Kostenvoranschlag und verschiedene Gestaltungspläne fertig sein. Wenn die Planerin Rosemarie Bitzigeio von Lenz und Partner sie vorstellt, sind auch die Bürger eingeladen.

Anwohner sind skeptisch

Dennoch ist die Skepsis bei Birresbornern wie Johannes Burggraf groß. "Wenn dieses Projekt durchgeprügelt wird, das wird Birresborn spalten", sagt Burggraf. Bei der Abstimmung im Gemeinderat hat er sich, obwohl er gegen die Sanierung ist, enthalten. Er wolle nicht den Fortschritt blockieren, argumentiert Burggraf und kommt auf die Schulden des Dorf zu sprechen. "Wir haben andere Probleme." Denn die Gemeinde zahlt jährlich 43 000 Euro Zinsen für das erschlossene aber weiterhin leerstehende Gewerbegebiet. "Es ist keine Frage, dass man den Kirchenvorplatz verschönern kann, aber das muss keine 160 000 Euro kosten", meint Burggraf.
Er wolle lieber mehrere der kleinen, günstigeren Maßnahmen der Dorfentwicklung angehen. Zudem kann Burggraf nicht verstehen, warum nicht der Rathausvorplatz (zwischen Volksbank und Fahrschule), der 2008 für 95 000 Euro saniert wurde, zum Dorfmittelpunkt wird. Dieser Ort bietet deutlich mehr Platz, ist größtenteils renoviert, einige Schaukästen, Bänke und Tische, ein Brunnen und eine Infotafel sind bereits vor Ort.
Darüber hinaus hat Burggraf Bauchschmerzen sich das Kriegerdenkmal in den Dorfmittelpunkt integriert vorzustellen. In der Nähe der Erinnerungsstätte soll es einen Radlertreff geben. "Ehrendenkmal und Radlertreff passen nicht zusammen. Die Architektin kann das nicht verstehen, sie ist nicht aus Birresborn und hat niemand da liegen", argumentiert Burggraf. In der nächsten Sitzung können Bürger und Gemeinderat konkrete Vorschläge für den Vorplatz in Augenschein nehmen. Des Weiteren wird Zander mögliche Wege für das Gewerbegebiet thematisieren. Ein Unternehmer interessiere sich momentan für das Gebiet, aber auch Fotovoltaikanlagen wären eine Option, sagt Zander.

Text und Bilder: Juliane Renk, Trierischer Volksfreund


Stimmen zur Neugestaltung rund ums Kriegerdenkmal

Die geplante Umgestaltung des Kirchenvorplatzes stößt bei den Birresbornern auf geteilte Meinungen. Einige freuen sich über die Integration des Kriegerdenkmals, andere befürchten dessen Entweihung.
Günther Renells Augen suchen eine der Gedenktafeln am Birresborner Kriegerdenkmal ab. Er blickt auf die Namen von Vater und Onkel, die beide in Russland gefallen sind. Seine Oma hat dafür bezahlt, dass ihre Namen auf diesen Tafeln stehen. Renell würde es gut finden, wenn das Denkmal mit zum Dorfmittelpunkt gehörte. "Mich würde das nicht stören, da der Tod Bestandteil des Lebens ist. Es wäre schön, wenn sich ältere Leute hier hinsetzen könnten und auch ein Kiesweg würde mir gefallen", sagt er.

Auch die Inhaber und Direktanlieger Martina Blasius vom gleichnamigen Café und Michael Wirtz vom Werbe- und Printmedienservice sprechen sich für die Umgestaltung aus. Martina Blasius blickt von ihrer Theke direkt auf das Denkmal und kann die Besucher beobachten. "Im Moment traut sich da keiner hin. Früher hat wenigstens noch ein Kiesweg hingeführt." Die Kosten sieht sie nicht als Hauptproblem. "Mit den Fördergeldern müssten wir das finanziell schultern können", sagt Blasius. "In 20 Jahren braucht man nicht mehr nach solch einem Projekt fragen. Dann ist keiner mehr da, den es interessiert", ergänzt Wirtz.


Anlieger wie Alfred Weinand, Geschäftsleiter der Provinzial, sehen das anders. Er hält es für unangemessen, dass sich direkt neben einer Erinnerungsstätte viele Leute aufhalten. "Ich sehe das als Entweihung." Auch die Kosten kritisiert er: "Wir bezahlen jetzt Zinsen und unsere Enkel werden Schulden haben." Zudem kritisiert er, dass nicht alle Bürger miteinbezogen würden. jur

Günther Renell zeigt auf dem Foto des TV seiner Frau Irmgard die Namen seines Vaters und Onkels am Kriegerdenkmal in Birresborn.
TV-Foto: Juliane Renk

Leserbrief im Trierischen Volksfreund vom 04. Mai 2011
zu diesem Thema:
Dorferneuerung
Zur Debatte um die Neugestaltung des Kirchplatzes in Birresborn meint dieser Leser:
Meinung
Die Würde des Ehrenplatzes erhalten
Wann verabschieden sich die Verantwortlichen in Birresborn endlich vom Bau eines "Radler-Treff/Vurwatz-Äken" vor unserer Kirche? Im Rahmen der Dorferneuerung will der Gemeinderat Birresborn unbedingt das Krieger-Ehrenmal verändern und an gleicher Stelle zusätzlich einen "Radler-Treff/Vurwatz-Äken" einrichten, obwohl 50 Meter vorher in der Gerolsteiner Straße die Fahrradwerkstatt Clemens mit großem Hofraum ist. Das Ehrenmal wurde nach dem 1. Weltkrieg an diesem Platz - auf dem ehemaligen Friedhof (Kirchhof) der Gemeinde - zu Ehren der Gefallenen der Kriege 1866, 1870-1871, 1914-1918 errichtet. Nach dem 2. Weltkrieg wurde es mit Namenstafeln der Opfer von 1939-1945, sowie zum Gedenken an die Toten des Bombenangriffs an Weihnachten 1944 in Birresborn erweitert. Wie man in der Dorfchronik "Birresborn im Wandel der Zeiten" auf den Seiten 87 bis 93 nachlesen kann, war die Bevölkerung schon zweimal nicht mit einer Veränderung der Anlage einverstanden. Obwohl es 1955 darum ging, dass die alte Kirche um zusätzliche Seitenschiffe erweitert werden sollte, lehnte der Gemeinderat dies sogar ab. Sicherlich kann man auch mit diesem dritten Versuch der Umgestaltung dem Befinden vieler Birresborner Bürger nicht gerecht werden. Seit dem 1.Weltkrieg haben Gefallene gesetzlich ein "dauern des Ruherecht". Wieso soll das beim Ehrenmal nicht auch gelten? Gott sei Dank ist aus unserer Gemeinde noch kein Gefallener der derzeitigen Auslands-Einsätze der Bundeswehr zu beklagen. In unserem Nachbarort Densborn musste aber schon ein in Afghanistan gefallener Mitbürger (Soldat) beigesetzt werden. Dort würde niemand auf die Idee kommen, einen Radler-Treffpunkt oder etwas Ähnliches vor dem Ehrenmal einzurichten. Gedenken auch wir unserer Gefallenen und Vermissten sowie der in der Heimat umgekommenen Angehörigen in Würde und gönnen ihnen diesen ruhigen Ehrenplatz. Rudolf Hermes, Birresborn

Volksfreund vom 08. Mai 2011:

Ein Geschäft der Kompromisse
Dieses Thema (Anm. der Red.: Der Bereich am Kriegerdenkmal in Birresborn soll neu gestaltet werden) berührt mich, weil ich über ein Jahr als Mitglied eines Arbeitskreises zur Dorferneuerung mitgemacht habe. Deshalb möchte ich zuerst feststellen, dass dieses als "Radlertreffpunkt oder Vurwatzäken" bezeichnete Objekt nicht von den Mitgliedern der einzelnen Arbeitskreise - also nicht von Birresborner Bürgern - in die Arbeitskreise getragen wurde. Als ich in der Ratssitzung vom 14. Februar erfuhr, dass allein die Umgestaltung dieses kleinen Areals 160 000 Euro kosten soll, war ich schockiert. Denn es ist ein Vielfaches der Kosten, die durch eine repräsentative Gestaltung von Verkehrsflächen mit Naturstein in meiner Praxis anfällt. Die in dieser Sitzung erfolgte Abstimmung legte den Grundstein für den Eintritt in die Planung zur Dorferneuerung, die in der Gesamtsumme mehr als 400 000 Euro betragen soll. Genaue Zahlen werden derzeit noch ermittelt und dienen als Basis für den Antrag zur Förderung. Ich frage mich, warum in unserem Birresborner Gemeinderat nur Beschlüsse gefasst werden, die zu Mehrausgaben führen? Ich vermisse ein Engagement zur Vermarktung (im Haushalt ist kein Euro dafür vorgesehen) des Gewerbegebietes. Ein solches erfolgreiches Engagement würde der Ortsgemeinde zusätzliche Einnahmen im hohen sechsstelligen Bereich verschaffen, mit denen die Kosten aus der Dorferneuerung leicht zu schultern wären. Mein Fazit: Politik ist auch ein Geschäft der Kompromisse. Warum ist es nicht möglich, mit dem Engagement für zusätzliche Einnahmen durch die Ansiedlung von Arbeitsplätzen die Grundlage für die Finanzierung von Verschönerungsmaßnahmen zu legen? Erwin Palm, Birresborn



Schreiben auch Sie Ihre sachliche Meinung zu diesem Streit in Form eines Kommentares zu diesem Bericht.
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Kontext
Datum 17.05.2011
Quelle Quelle: Trierischer Volksfreund
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