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Birresborn

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Gewerbe

Wo Phönix nicht mehr aus der Asche kommt

Die Nachricht erschütterte das gesamte Kylltal: Vor genau zehn Jahren, am 11. November 2003, schloss der Birresborner Phönix-Sprudel wegen verunreinigter Quellen sein Werk. 25 Menschen verloren ihren Job, viele Familien gerieten in Existenznot. Bis heute

Birresborn. "Ich denke noch oft an den Tag - nicht nur, wenn er sich jährt, sondern eigentlich immer, wenn ich durch Birresborn fahre", sagt Gerfried Neumann (50) aus dem benachbarten Mürlenbach, als der TV ihn auf den 11.11.2003 anspricht. Das war der Tag, an dem der Birresborner Phönix-Sprudel wegen Verunreinigung seiner Quellen die Produktion nach mehr als 90 Jahren einstellte, 25 Menschen, viele davon aus Birresborn selbst, ihren Job verloren und eine Traditionsmarke von jetzt auf gleich verschwand.
Neumann war damals Betriebsratsvorsitzender des Phönix-Sprudels, einer hundertprozentigen Tochter des Gerolsteiner Brunnens. Auch er hat das Unheil nicht aufziehen sehen. "Morgens bin ich um 5 Uhr zur Arbeit, etwas später kam der Betriebsleiter zu mir und sagte "Ich glaube, wir können schon mal anfangen einzupacken." Zwei Stunden später die offizielle Mitteilung der Geschäftsführung. Ein Schock."
Die nächsten Wochen und Monate war dennoch harte Arbeit angesagt - zumindest für ihn: Gemeinsam mit der Gewerkschaft und einem Rechtsbeistand hat es der junge Arbeitnehmervertreter dann bei den Sozialplanverhandlungen geschafft, für die zwei Dutzend Kollegen zumindest eine überdurchschnittlich gute Abfindung zu erkämpfen.
Auch heute noch nennt er die Verhandlungen für seine Kollegen seine "größte berufliche Herausforderung, die mir aber auch Spaß gemacht hat - trotz all dem Druck". Letztlich haben so gut wie alle Kollegen einen neuen Job gefunden - der eine früher, der andere später.
Unbefriedigend hingegen ist nicht nur für ihn, dass bis heute die Ursache der Verunreinigung der Quellen mit Benzol und Spuren von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) nicht geklärt ist.
Viele, darunter auch die Geschäftsführung des Birresborner Brunnens, sind davon ausgegangen, dass die Giftstoffe nach Sanierungsarbeiten auf dem ehemaligen Betriebsgelände des benachbarten Holzimprägnierwerks Vanck in den Boden und letztlich auch in die Mineralwasserquellen gelangt sind.
Ursache bleibt unklar
Daraufhin hat Birresborner - vertreten durch Liquidator Joachim Schwarz, der zugleich kaufmännischer Geschäftsführer des Gerolsteiner Brunnens ist - 2004 eine Schadenersatzklage mit einem Streitwert von zuletzt 4,2 Millionen Euro gegen die Firma Vanck eingereicht. Und 2012 zurückgenommen. Denn: Trotz zweier umfangreicher Gutachten konnte ein Zusammenhang zwischen dem Holzimprägnierwerk sowie den Verunreinigungen auf dessen Gelände mit der Kontamination der Mineralwasserquellen nicht hergestellt werden. Einen neuen Anlauf, einen Schuldigen für die Verseuchung der Quellen zu finden, will das Unternehmen nicht starten. Was blieb, waren 205 000 Euro Verfahrenskosten für den Kläger und weitere unbeantwortete Fragen. Das Land hatte es im Nachhinein ebenfalls nicht als nötig erachtet, auf eigene Kosten auf Ursachenforschung zu gehen.
Die Produktionsstätte von Birresborner stand daraufhin eine Zeit lang leer. Es drohte eine Industriebrache im Ort. Zwei Firmen, eine für Altreifenrecycling, eine für Gummischlauch-Bewässerungssysteme, siedelten sich an und erhielten eine dreijährige Ausnahmegenehmigung für die Industrieproduktion im Ort. Gleichzeitig ließ die Gemeinde anderthalb Kilometer vor den Toren des Dorfes das Gewerbegebiet "Auf dem Boden" großflächig für knapp 700000 Euro erschließen - um die beiden Firmen aussiedeln zu können. Dazu kam es nicht, weil sie binnen eines Jahres beide Insolvenz anmeldeten. Das war 2008. Während ein Bauunternehmer das Werk im Dorf übernahm, liegt das Gewerbegebiet brach. Die Gemeinde zahlt noch immer die Darlehen für dessen Erschließung und für suchte vergeblich nach Investoren. Jetzt hat sie einen potenziellen an der Angel: zwei Niederländer, die eine Mega-Hühnerfarm errichten wollen. Ein Plan, der ebenfalls für Erschütterungen im Kylltal sorgt.

Kontext
Datum 10.11.2013
Quelle Quelle: Trierischer Volksfreund
Unternehmen Birresborner Phoenix Sprudel GmbH
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