Hier leben ist wie Urlaub machen...
Eifelgemeinde mit Herz
Birresborn Nicht nur die Erträge beschäftigen die Bauern in der Vulkaneifel, sondern auch Themen wie Breitbandausbau, Tierwohl, Klimaschutz und die Stärkung des ländlichen Raums insgesamt.
(Von Angelika Koch)
Ohne Hightech geht auf dem Vulkanhof außerhalb von Birresborn auch bei den Milchkühen nichts: Zwei Melkroboter im Offenstall sind für die 120 Tiere die Anlaufstelle, wenn das Euter Fülle meldet. Im Durchschnitt gibt jede Milchkuh auf dem 150-Hektar-Hof der Familie Schifferings 34 Liter pro Tag, die nun individueller „abgezapft“ werden als zu früheren Zeiten. Jede Kuh entscheidet selbst, wann sie gemolken wird. Auch sonst herrschen auf dem Land moderne Zeiten: Dokumentation, Vermarktung, Biogas-Anlagenwartung oder Meldungen von Kälbergeburten gehen nur online, Erntemaschinen funktionieren mit GPS. Und doch: Funklöcher und Datenübertragungsraten, die sich im mageren Kilobytebereich herumquälen, sind an der Tagesordnung.
„Schnelles Internet ist nicht nur für die Dörfer, sondern auch für die Höfe so wichtig wie die Versorgung mit Strom oder Wasser, aber sie werden stiefmütterlich behandelt“, konstatiert Marco Weber, Vorsitzender des Kreisbauernverbands in der Vulkaneifel. „Außerdem finden sich ohne Breitband für die Höfe keine Nachfolger mehr, die jungen Leute tun sich das nicht an.“
Der Mangel soll nun schnell und unkompliziert behoben werden, im Schulterschluss des Bauernverbands und des Maschinenrings mit dem rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, dem Kreis und Innogy. Die Eigeninitiative der Landwirte ist dabei auch Argument für Fördermittel, die für ein entsprechendes innovatives Projekt lockergemacht werden sollen.
Auch sonst machen die „großen“ Themen nicht vor der Erntebilanz der Vulkaneifeler Bauern Halt. Zum viel diskutierten Tierwohl, das etwa durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch erreicht werden soll, haben die Landwirte eine klare Forderung: „Dass uns Tierwohl am Herzen liegt, sieht man ja hier“, meint Weber mit Blick auf den luftigen Stall des Vulkanhofs, „aber wir brauchen ein ‚Commitment‘ der Verbraucher, dass sie mehr zu zahlen bereit sind. Und wir brauchen eine Entscheidung der Politik, dass der Mehrwert bei den Bauern ankommt, denn wir haben die Mehrkosten.“
Mehrkosten verursacht auch der Futtermangel, der sich bereits im vergangenen Dürrejahr zeigte und in diesem Jahr noch verschärft auftritt. Denn vielfach konnte in diesem Jahr nur zwei Mal Heu gemäht werden, in normalen Jahren sind es vier Mal. Zukäufe etwa aus Norwegen, wo keine Dürre herrschte, sind ökologisch und ökonomisch unsinnig, so dass etliche Bauern überlegen, ihre Tierbestände zu reduzieren. Mais gilt als Ausgleichmöglichkeit bei Heumangel, aber auch der sei „gestresst vom Klimawandel“, sagt Weber. Laut Kreisbauernverband wird derzeit auf fünf Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen im Kreis (ohne Forst) Mais angebaut – eine in etwa gleichbleibende Fläche, obwohl viele den Eindruck haben, sie nehme stark zu.
„Wir sensibilisieren die Landwirte, dass beim Maisanbau erosionsmindernde Maßnahmen notwendig sind“, räumt der Kreisbauernvorsitzende ein, dass Mais zunehmend umstritten ist. „Voraussetzung für den Maisanbau ist, dass die Fruchtfolge eingehalten wird und dass der Humusgehalt des Bodens nicht geschädigt wird.“ Zudem müsse man Ersatz für den Mais finden, der in den Biogasanlagen verwendet wird.
Die Globalisierung bleibt für die Landwirte trotz des Trends hin zu mehr Regionalbewusstsein der Verbraucher ein Wachstumsmotor. Denn die Nachfrage in Deutschland und in der EU stagniert, die Betriebs- und Investitionskosten der Höfe jedoch nicht.
Milch wird von den beiden Molkereien der Region weltweit vermarktet, die Erzeugerpreise sind relativ stabil zwischen 32 und 35 Cent je Liter. Heimische Schweinehalter profitieren unter anderem von der in Osteuropa und China grassierenden Asiatischen Schweinepest: „Das macht es notwendig, aus Deutschland zuzukaufen. Hierzulande wächst die Nachfrage jedoch nicht“, beobachtet Weber, der auf dem eigenen Hof Schweinehaltung betreibt.
Und die klassische Erntebilanz? Sie ist durchwachsen.
Die Niederschlagsverteilung war in den vergangenen Monaten sehr unterschiedlich, so dass der Erntezeitpunkt jedes einzelnen Hofes den Ausschlag darüber gab, ob Raps, Weizen oder Gerste eine ausreichende Menge und Qualität entwickelten.
„Wir rechnen bei den Getreideerträgen insgesamt mit einem Minus von zehn Prozent“, erklärt Marco Weber.
Datum | 18.08.2019 |
---|---|
Quelle | Quelle: Trierischer Volksfreund |
Gelesen | 3581 mal |