Hier leben ist wie Urlaub machen...
Eifelgemeinde mit Herz
Es ist der absolute Super-GAU – nicht nur für die unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer, sondern für die gesamte Gemeinde: Der traditionsreiche Birresborner Sprudel schloss am gestrigen Dienstag seine Pforten.
Endgültig, wenn man den ersten Aussagen Betroffener Glauben schenken mag. Doch wer mag das schon? Birresborn und der Birresborner Sprudel, das gehört einfach zusammen, ist nicht zuletzt aus dem kollektiven Bewußtsein des Dorfes nicht mehr wegzudenken. Seit 90 Jahren existiert der Betrieb und versorgt in Nah und Fern die Bevölkerung mit qualitativ und geschmacklich hochwertiger Ware. Und nun der Schock: „Was soll ich denn jetzt trinken,“ fragte mich eine Freundin vor ein paar Stunden per SMS. Alternativen zum Birresborner sind für Birresborner eben undenkbar. Und das war, nein, das ist verdammt nochmal gut so!
Wie konnte es soweit kommen? Sanierungsarbeiten auf dem Firmengelände Vanck sollen schon vor vielen Jahren zu einer Verunreinigung des Bodens geführt haben, unter anderem durch Holzschutzmittel. Bei Erdumschichtungsarbeiten in der ersten Jahreshälfte 2003 seien diese Stoffe erneut aufgebracht worden und unbeabsichtigter Weise in die Birresborner Quellen gelangt, die in direkter Nachbarschaft zum längst stillgelegten Firmengelände liegen. Die Kontamination des Wassers ist dauerhaft und allem Anschein nach irreparabel.
Immer noch produzierbar ist Tafelwasser. Unter diesem Namen fungierende Getränkesorten unterliegen nämlich nicht den gleichen Richtlinien wie Mineralwasser. Aber eben auch nicht den gleichen Qualitätsansprüchen: Viele Großkunden, so will der Trierische Volksfreund wissen, würden ihre restlichen Bestände an Birresborner Sprudel-Sorten schon zurück nach Birresborn liefern lassen. Für das Unternehmen ist dies wohl das Ende.
25 Mitarbeiter zählte der Birresborner Brunnen am gestrigen Dienstag, viele davon híelten dem Unternehmen schon seit Jahrzehnten die Treue. Jetzt sind sie alle, alle arbeitslos. Im wahrsten Sinne des Wortes von Heute auf Morgen – ohne Eigenverschuldung, ohne dass es dem Betrieb finanziell allzu schlecht gegangen hätte. Ortsbürgermeister Bach kündigte den Betroffenen die volle Unterstützung der Gemeinde an, und auch Gespräche mit dem Gerolsteiner Brunnen, immerhin seit über zehn Jahren Eigentümer des Birresborner Werkes, sollen ebenfalls helfen, den 25 Menschen finanziell ein wenig unter die Arme zu greifen. Doch eine berufliche Zukunft werden wohl die wenigsten in der Eifel finden können. Dafür ist die wirtschaftliche und die geografische Lage einfach zu schlecht.
Es ist, wie gesagt, eine schier unglaublich furchtbare Meldung. Auch wir von Birresborn Online sind wirklich schwer getroffen: Der Birresborner Sprudel war und ist doch ein Stück Dorf. Das kann nicht, das darf nicht einfach so weg sein. Doch die Realität spricht eine andere, sehr traurige Sprache. Was hier stirbt, ist weit mehr als „nur“ ein weiteres kleines Unternehmen; an der Eifler Bahnstrecke allein stehen unzählige davon. Nein, hier stirbt eine fast 100-jährige Tradition, hier stirbt (und das meine ich genauso, wie es klingt) ein kleines Stück vom eigenen Leben, ein kleines Stück vom Heimatpatriotismus. Und ein unwahrscheinlich großes Stück von Birresborn. Unwiederbringlich und unersetzbar.
Der Phönix, seit Generationen im Logo des Unternehmens zu finden, ist bekannt dafür, dass er immer wieder aus der eigenen Asche neu entsteht. Dem Birresborner Brunnen ist zu wünschen, dass sich diese Fähigkeit auf ihn übertragen hat. Doch glauben will man daran nicht mehr so recht. Es ist einfach unfassbar. Unfassbar schade.
Datum | 12.11.2003 |
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Quelle | Christian Humberg |
Unternehmen | Birresborner Phoenix Sprudel GmbH |
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