Hier leben ist wie Urlaub machen...
Eifelgemeinde mit Herz
Die Zukunft der 25 entlassenen Mitarbeiter des Birresborner Phönix Sprudels wird heute ab 9 Uhr maßgeblich beeinflusst.
Ebenso wie seine Kollegen ist Maschinenschlosser Georg Becker gespannt auf die Betriebsversammlung. Auch Ehefrau Michaela und Tochter Carina warten ungeduldig auf das Ergebnis.
Heute Morgen hat Georg Becker mit zwiespältigen Gefühlen das Haus verlassen. Der 41-Jährige bangt um seine Zukunft: "Eine schriftliche Kündigung haben wir alle noch nicht. Bestimmt kriegen wir die heute und erfahren dann auch, wie es mit Kündigungsfristen, Abfindungen und Sozialplänen aussieht."
Der gelernte Maschinenschlosser arbeitet als "Mann für alles" beim Birresborner Sprudel, hat Reparaturen ausgeführt und auch in der Produktion geholfen. "Als die Geschäftsführung vor acht Tagen die Betriebsschließung bekannt gab, war das der zweite Entlassungsschock für mich in meiner bisherigen beruflichen Laufbahn", erklärt er. Als er vor acht Jahren von einem Bitburger Unternehmen (nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit) zu "Birresborner" wechselte, sei er in der dritten Entlassungswelle dabei gewesen. "Aber da hat man das alles kommen sehen und nicht wie hier", meint der gebürtige Mürlenbacher.
War davon überzeugt, sicheren Job zu haben
Bei beiden Arbeitgebern habe er gerne gearbeitet. Noch immer, so sagte er, könne er seine momentane Situation nicht richtig verstehen: "Wir waren alle überzeugt, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben - mit Gerolsteiner im Nacken. Was sollte denn da passieren? Aber jetzt bin ich super enttäuscht." Viele Beschäftigte klammern sich an jeden Strohhalm. Alle warten gespannt auf das Ergebnis der vom Landesamt anberaumten Quellwasser-Untersuchung, die Rückschlüsse auf die Ursache der Wasserverunreinigung bringen sollen (der TV berichtete). Becker gibt die Hoffnung nicht auf: "Vielleicht kann doch wieder abgefüllt werden, wenn auch zuerst nur Tafelwasser. Vielleicht dann aber alles unter ganz anderer Führung."
Die Belegschaft stehe nach wie vor voll hinter dem Produkt. Becker erklärt: "Alle haben sich noch mit Vorrat eingedeckt. Wir sind davon überzeugt, das nichts Bedenkliches drin ist." Voller Unverständnis erlebt er täglich im Betrieb, wie Unmengen von zurückgegebenen Flaschen geleert und Sprudel, Limonaden und Schorlen in den Gully gekippt werden.
Der Betriebsrat habe empfohlen, weiter zu arbeiten bis alles geklärt sei. "Wir wissen ja auch noch nicht, was mit dem Weihnachtsgeld ist. Normalerweise war es ein 13. Monatsgehalt und kam mit dem Novemberlohn", nennt er nur einen Punkt auf der langen Liste, der heute zur Klärung ansteht. Als Arbeitssuchender hätte er sich bisher, so die Aussage des Betriebsrats, nicht beim Arbeitsamt melden dürfen. Grund: die fehlende schriftliche Kündigung. Trotzdem will Becker nicht alles dem Schicksal überlassen. Bei zwei Firmen hat er sich schon vorgestellt. Und zwei Absagen kassiert. Eine Bewerbung läuft noch. "Ich stecke den Kopf nicht in den Sand. Ich will eine Arbeit haben", sagt er. In seiner Stimme klingt dabei ein wenig Trotz mit. Seine Frau Michaela zwingt sich momentan zu Optimismus. Sie sagt: "Die Perspektiven sind schwer abzuschätzen. Es muss ja auch eine Arbeit sein, wo er jeden Abend nach Hause kommen kann." Schließlich wartet dort die Familie mit Tochter Carina. Nur die Dreieinhalbjährige kann das Ehepaar im Moment aufmuntern.
Datum | 18.11.2003 |
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Quelle | Quelle: Trierischer Volksfreund |
Unternehmen | Birresborner Phoenix Sprudel GmbH |
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