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Aktion verläuft ohne Zwischenfälle: Ausrangierter Eisenbahn-Waggon hat neuen Standort im Jugendpark
BIRRESBORN. Außergewöhnliches wird in der Kyllgemeinde in der Jugendarbeit geleistet. Ein ausgedienter Eisenbahn-Waggon, der unter anderem als offener Jugendtreff genutzt werden soll, steht seit Freitag im Jugendpark. Das Aufstellen verlief reibungslos.
"Ich will diesen historischen Moment hier in Birresborn nicht verpassen," sagt Rainer Stein, Leiter des Dauner Jugendamtes, als er am Freitag auf dem Bahnsteig hinter dem neuen Feuerwehrhaus auf die Ankunft des Waggons wartet. Um 21.15 Uhr ist einiges los: 20 Feuerwehrleute haben mehrere große Scheinwerfer aufgestellt, beobachtet von zahlreichen Zuschauern, darunter auch etwa 30 Jugendliche. Ein riesiger Kran steht bereit, um den 14 Meter langen und 18 Tonnen schweren Waggon auf seinen endgültigen Standplatz zu hieven.
Zuerst soll der Waggon von den Gleisen bis neben das Feuerwehrhaus gehoben werden. "Jetzt kommt zuerst noch ein Sonderzug, aber gleich ist es soweit," verspricht Eisenbahn-Experte Peter Wirtz, der den Waggon zum Selbstkostenpreis besorgt hat.
Endlich: Um 21.32 Uhr trifft der Koloss ein. Die Zaungäste, die trotz der Kälte das Spektakel nicht versäumen wollen, beobachten, wie die Feuerwehrleute in Aktion treten. Um 21.48 Uhr riecht es nach glühendem Metall, denn die Trittbretter und Staukästen müssen abgeflext werden, damit die zwei Stahlträger, die den Waggon tragen sollen, exakt justiert werden können.
Hindernis Feuerwehrhaus
Stahl, Birresborner Jugendleiter, seufzt erleichtert: "Ohne die Feuerwehr würde das hier nicht hinhauen." Geplant war, dass die Wehrleute lediglich für das Licht sorgen. Stahl ist nervös, ob die erste Hebe-Aktion über das neue Feuerwehrhaus hinweg auch klappt. Dieser Nervenkitzel beschäftigte Johannes Burggraf, Mitglied im Jugendausschuss, bereits Tage zuvor im Traum, verrät er dem TV . "Hoffentlich geht das gut", diese Aussage ist von Jung und Alt zu hören. Es dauert, bis alle Vorarbeiten fertig sind und der Kranführer mit dem Sitz der Träger und der Stahlketten zufrieden ist. Um 22.43 Uhr schwebt der Waggon langsam in die Höhe, Feuerwehrmänner ziehen an den Richtungsleinen. Alle halten den Atem an, als der Waggon fast das Dach des Feuerwehrhauses berührt. Der Kranführer behält die Nerven, konzentriert bewegt er die Steuerungshebel, der Waggon dreht sich seitwärts und hat fünf Minuten später eine 180 Grad Drehung gemacht.
Um 22.57 Uhr steht er neben dem Feuerwehrhaus, ganz ohne Blessuren auf beiden Seiten. Aufatmen. "Jetzt ist erst mal 20 Minuten Pause," erklärt Burggraf erleichtert und verteilt Getränke.
Mittlerweile haben viele der Zaungäste den Heimweg angetreten, weil der spannendste Moment vorbei ist. Noch ein weiteres Mal wird der Waggon bis hinter die Hecke in den Jugendpark angehoben, und auch das klappt reibungslos. Um Mitternacht hat der Kran alle Schwenkarme eingefahren. Die Feuerwehr hat die Scheinwerfer gelöscht und ihr Werkzeug verstaut.
Der Waggon steht verankert mit Bremsschuhen und angezogener Bremse sicher und unbeweglich auf seinem neuen Platz. Zur Sicherheit wird er in den nächsten Tagen auf den Gleisen fest geschweißt.
Wünsche für die Ausstattung
Sofort inspizieren Jugendliche ihr neues Domizil. Matthias, 14 Jahre, ist begeistert: "Der ist ja viel größer als ich dachte." Er wünscht sich in dem Teil, der als offener Jugendtreff genutzt werden soll, eine Couch und eine Musikanlage. Das Mädchen-Trio Jennifer (15), Tamara (15) und Carmen (16), pflichtet ihm bei: "Wir wollen hier ungestört Musik hören." "Bis zu 30 Jugendliche im Alter von zwölf bis 22 Jahre werden den Waggon nutzen," vermutet Fritz Skambraks, Mitglied des Jugendausschusses. 400 der 1 500 Einwohner von Birresborn sind unter 18 Jahre alt. "Der Waggon ist aber kein Ersatz für den Jugendraum in der Ortsmitte," sagt Stahl.
Auch Ortsbürgermeister Josef Bach sieht "diesen unkonventionellen Versuch der offenen Jugendarbeit" als Ergänzung, nicht als Konkurrenz an. Der Jugendraum im Gemeindehaus in der Ortsmitte soll andere Angebote bieten, wie beispielsweise Internet-Café-Stunden oder einen Kicker. Allerdings fordert Bach: "Die Jugendliche müssen jetzt beweisen, dass sie den Jugendpark auch in Ordnung halten."
Anwohner Dietmar Krämer meint: "Die Kids bekommen hier eine Chance, sollen aber selbst Verantwortung übernehmen". Das sehen auch die Verantwortlichen für die Jugendarbeit so: "Das ist learning by doing pur – mit der Jugend für die Jugend." Unter dieser Prämisse, ehrenamtliche Arbeit für die Jugend auf dem Land, wird das Birresborner Projekt "Jugendpark" vom Kreisjugendamt unterstützt.
Datum | 18.11.2001 |
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Quelle | Quelle: Trierischer Volksfreund |
Vereine | Freiwillige Feuerwehr |
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